Welche Rolle spielt Wasser in der Bekleidungsbranche?

Welche Rolle spielt Wasser in der Bekleidungsbranche?

geschrieben von Annika Krüßmann

 

Jedes Jahr am 8. Juni findet der World Ocean Day statt, um auf die Wichtigkeit der Meere für das Klima aufmerksam zu machen. Im letzten Jahr haben wir uns in dieser Woche mit dem Thema beschäftigt, inwiefern eigentlich ein Zusammenhang zwischen unseren Meeren und Kleidung besteht. Hier findest du den Artikel zum Nachlesen.

 

Wir reden zwar oft über den viel zu hohen CO2-Ausstoß, für den die Branche verantwortlich ist, und die schlechten Arbeitsbedingungen, die in Produktionsländern herrschen. Welche Ressourcen Kleidung aber einfordert, geht in dem Diskurs über nachhaltige Mode schnell unter – was angesichts immer knapper werdender Rohstoffe kritisch ist. Immerhin fand der Earth Overshoot Day in Deutschland schon am 4. Mai statt. Als Land haben wir also bereits nach nur circa vier Monaten alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die uns eigentlich für ein komplettes Jahr zur Verfügung hätten stehen sollen. Dieses Jahr widmen wir uns deshalb der Frage: Welche Rolle spielt Wasser als Ressource eigentlich in der Bekleidungsbranche?

 

Auch wenn wir in Deutschland selten bis gar nicht unter Wassermangel leiden, ist es in anderen Teilen der Welt leider schon die traurige Realität. Was vielen nicht bewusst ist: Es gibt auf unserem Planeten zwar 1,4 Milliarden Kubikkilometer Wasser (Welt.de), davon sind aber gerade einmal drei Prozent Süßwasser und ein noch geringerer Teil Trinkwasser (Statista: Süß- und Salzwasservorkommen auf der Erde). Und genau wie alle anderen Rohstoffe der Erde wie Holz und Öl steht uns auch Wasser nicht unbegrenzt zur Verfügung. Ein Bewusstsein für die Knappheit dieses Rohstoffes zu entwickeln, ist für unsere Zukunft daher essenziell.

 

Material 

Insgesamt wurden allein im Jahr 2015 fast 80 Milliarden Kubikmeter Wasser in der weltweiten Textil- und Bekleidungsindustrie verbraucht (Europäisches Parlament:Umweltauswirkungen von Textilproduktion und -abfällen). Zum Vergleich: Der Bodensee enthält circa 50 Milliarden Kubikmeter Wasser (Stadtwerk am See).

Oft hinterfragen wir nicht, aus was genau die Kleidung, die wir tagtäglich direkt auf unserer Haut tragen, besteht. Dabei können sich verschiedene Materialien nicht nur schädlich auf unsere Haut auswirken, viele von ihnen erfordern darüber hinaus auch einen extrem hohen Wasserverbrauch: Für die Herstellung von nur einem einzigen Baumwoll-T-Shirt sind circa 2.700 Liter Wasser nötig. Diese Menge würde 2,5 Jahre lang als Trinkwasser für eine Person reichen. Baumwolle gilt zwar oft als die nachhaltigere Alternative zu Polyester und Co, dabei benötigt der konventionelle Anbau Unmengen an Wasser, damit die Pflanzen schnell genug wachsen. Wie wichtig die Alternative Bio-Baumwolle in Hinblick auf Klimaschutz und Ressourcenschonung ist, zeigen die Fakten: Der Anbau von Bio-Baumwolle benötigt im Vergleich zum Anbau von herkömmlicher Baumwolle 91 Prozent weniger Wasser. Ein T-Shirt aus Bio-Baumwolle benötigt demnach nur circa 250 Liter Wasser, sodass von der Wassermenge für ein Baumwoll-Shirt insgesamt Bio-Baumwolle für fast elf T-Shirts angebaut werden könnte.

 

Weiterverarbeitung von Kleidung

Bevor T-Shirt, Jeans und Co. bei uns im Kleiderschrank landen, legen sie einen weiten Weg zurück – nicht nur geografisch: Viele Kleidungsstücke durchlaufen zahlreiche Produktionsschritte, bis sie letztendlich im Geschäft verkauft werden. Im ersten Schritt werden Rohfasern zu feinem Garn gesponnen, das anschließend zu einer Fläche gestrickt oder gewebt wird. Die Rohfasern stammen dabei entweder von natürlichen Rohstoffen wie Baumwolle, Leinen, Schafwolle oder auch von Chemiefasern wie Polyester. Zur besseren Haltbarkeit der Garne bei der Textilverarbeitung werden oft chemische Zusatzstoffe hinzugefügt.

In der Regel werden die Stoffe dann je nach Produkt gebleicht, um einen weißen Stoff zu erhalten, der im Anschluss eingefärbt wird. Darauf folgt das Nähen nach einem bestimmten Schnitt und Größen, wobei auch schon Knöpfe und Reißverschlüsse eingearbeitet werden. Restliche Veredelungen wie Drucke und Stickereien werden als letztes ergänzt. Was dabei oft in Vergessenheit gerät: In fast jedem der Produktionsschritte wird Wasser verbraucht – je nach Art der Verarbeitung mal mehr und mal weniger.

 Ungebleichtes, ungefärbtes mikroplastikfreies Frauen-T-Shirt von Salzwasser

Bleichen 

Stoffe aus Baumwolle und anderen Materialien sind nie reinweiß, sondern haben meist einen leicht bräunlichen oder grauweißen Schimmer. Um in der Bekleidungsindustrie satte Farben für Kleidung zu erzielen, müssen die Stoffe also zunächst geblichen werden. Dazu werden gesundheitsschädliche und teilweise krebserregende Chemikalien in großen Mengen Wasser aufgelöst und die Stoffe anschließend darin gewaschen. Das Problem: Die Chemikalien können nicht so leicht wieder aus dem Wasser entfernt werden – es ist anschließend unbrauchbar für andere Zwecke. Hinzu kommt: In vielen Ländern gibt es keine so gute Infrastruktur für den Wasserkreislauf wie in Deutschland mit Klärwerken und strengen Richtlinien und Messwerten, was die Qualität des gereinigten Wassers angeht. 

 

Färben

Auch für das Färben von Kleidung brauchen wir Wasser: Die Stoffe werden dafür in große Behälter voller Wasser mit dem entsprechenden Färbemittel eingelegt und wirken dort je nach Intensität kürzer oder länger ein. Dass Stoffe in Flüssigkeit liegt auf den zweiten Blick natürlich auf der Hand, um eine gleichmäßige Färbung garantieren zu können. Das Problem: Für das Färben von einem Kilo Garn werden im Durchschnitt 60 Liter Wasser benötigt. In Summe werden so jedes Jahr zwischen sechs und neun Billionen Liter Wasser verbraucht, nur um Textilien einzufärben (Vogue: Färben - das größte Umweltproblem der Modeindustrie). Fast 20 Prozent des weltweiten industriellen Abwassers entsteht allein bei der Veredelung von Textilien und wird danach unbrauchbar. Das benötigte Wasser zum Anbau von zum Beispiel Baumwolle ist in diese Zahl noch gar nicht eingerechnet (Quarks: So macht unsere Kleidung unsere Umwelt kaputt).

 

Wasserverunreinigung 

Auch schon beim Anbau von beispielsweise Baumwolle wird Wasser verunreinigt. Durch den Einsatz von gefährlichen Pflanzenschutzmitteln und Dünger, die auf den Feldern versprüht werden, gelangen diese in die Erde und somit auch ins Grundwasser. Im konventionellen Baumwollanbau bräuchte es für eine Tonne Baumwolle ca. 266 Millionen Liter frisches Wasser, um das verunreinigte Wasser wieder zu kompensieren und eine gute Wasserqualität sicherstellen zu können.

Auch in den späteren Produktionsschritten kommt es immer wieder zu Wasserverunreinigungen, die nicht nach den erforderlichen Standards kontrolliert werden. Ein Team des WDR hat in zwei Flüssen in Bangladesch nahe von Textilfabriken Wasserproben entnommen und auf ihren Grad der Verunreinigung untersucht. Das Ergebnis: Ein Fluss gilt als stark verschmutzt, wenn der Sauerstoffgehalt zwischen 6 und 13 mg pro Liter liegt. Die Proben enthielten jeweils über 260 mg pro Liter (Quarks: So macht unsere Kleidung unsere Umwelt kaputt) 

Elena Gerdes, Gründerin von entire stories mit Salzwasser Fisherman Mütze

Was können wir tun?

Baumwolle ist nicht gleich Baumwolle. Achtet beim Kauf darauf, ob das Produkt wirklich aus kontrolliert biologischem Baumwollanbau kommt. Begriffe wie „natürlich“ oder „biologisch“ allein sind rechtlich nicht geschützt und sagen nichts über die tatsächlichen Anbaubedingungen aus. Informiert euch auch bei den Marken, inwieweit beim Färben und Bleichen gefährliche Chemikalien eingesetzt werden. Mittlerweile gibt es einige Alternativen, um Stoffe umweltfreundlicher zu bearbeiten. Wirklich nachhaltige Marken werden euch entweder auf ihrer Website oder auf Nachfrage immer gerne entsprechende Informationen transparent aufschlüsseln. Wenn dir ein Unternehmen keine klare Antwort auf deine Fragen geben kann oder bewusst andere augenscheinlich umweltfreundliche Bemühungen betont, ist dies meist ein Zeichen, dass das Unternehmen genau in diesem Bereich noch nicht nachhaltig genug agiert.

Bitte behaltet auch im Hinterkopf: Kleidung aus Polyester mag zwar einen geringeren Wasserverbrauch haben, allerdings sind die Belastungen auf Mensch und Umwelt dafür in anderen Bereichen deutlich höher. Wie viel Wasser ein Kleidungsstück benötigt, sagt als alleinige Zahl noch nichts darüber aus, wie nachhaltig es ist. Auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Arbeitsbedingungen, unter denen die Kleidung hergestellt wurde, bestimmen maßgeblich, ob das Produkt wirklich als fair bezeichnet werden kann.


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