Retouren in der Fast-Fashion-Industrie – Was wirklich mit deinen Rücksendungen passiert

Retouren in der Fast-Fashion-Industrie – Was wirklich mit deinen Rücksendungen passiert

geschrieben von Annika Krüßmann 

 

Noch nie war Online Shopping so bequem und einfach wie heute: Jede Menge Auswahl, verschiedene Farben und Größen und in wenigen Klicks ist die Bestellung aufgegeben. Alles, was beim Anprobieren Zuhause nicht passt oder nicht gefällt, kann ganz einfach und in den meisten Fällen auch kostenlos wieder zurückgeschickt werden.

Das Prinzip des Onlinehandels hat aber auch seine Schattenseiten: Spätestens seit dem Skandal um den Umgang mit neuwertigen Retouren beim Hersteller Nike Ende 2021 gerät oft die Frage in den Vordergrund, was eigentlich mit unseren Retouren geschieht, nachdem wir sie zurückgeschickt haben – egal ob Schuhe, Kleidung oder Elektrogeräte.

 

So viel schicken wir in Deutschland zurück – mit verheerenden Folgen

Allein im Jahr 2018 wurden über 480 Millionen Artikel in Deutschland retourniert. 3,9 % davon wurden direkt vernichtet – das entspricht fast 20 Millionen Artikeln. Etwa eine Million Artikel davon werden vernichtet, da die entsprechenden Marken- oder Patentinhaber es schlichtweg so vorgeben – wohlwissen, dass sich die Artikel in gutem Zustand befinden und erneut verkauft werden könnten. 

Defekte Produkte, fehlende Lagermöglichkeiten oder Imageschäden sind einige weitere Gründe, warum die restlichen 19 Millionen retournierten Artikel vernichtet werden, statt in den Kreislauf zurückgeführt zu werden. Ökologische und soziale Kriterien spielen bei der Entscheidung, wie mit Retouren umgegangen wird, in den seltensten Fällen eine Rolle. Wirtschaftlichkeit hat bei den meisten Händlern und Herstellern oberste Priorität.

 

Was passiert mit unseren Retouren?

Besonders in der Modebranche herrscht mittlerweile ein großer Überschuss an Mode auf dem Markt – rund 2,3 Milliarden Kleidungsstücke werden pro Jahr in deutschen Geschäften angeboten.  Längst nicht jedes Kleidungsstück kann verkauft werden – trotz unzähliger Rabattaktionen und Anreizsystemen. Gleichzeitig erreichen uns Bilder aus Chile: Meterhohe Berge an Kleidung in der Atacama-Wüste sind nur ein Beispiel dafür, wo unsere Kleidung nach einer Retoure oder nach dem Aussortieren landet. Dort werden einzelne Teile aussortiert, die in armen Ländern weiterverkauft werden können, der Rest wird dann liegen gelassen oder verbrannt. Unkontrollierte Feuer und Umweltbelastungen werden dabei in Kauf genommen. 

 

Welche Auswirkungen hat dieser Wegwerfkonsum?

Teilweise kommt es nicht einmal dazu, dass Kleidungsstücke überhaupt gekauft werden: Jedes Jahr werden Milliarden Tonnen an neuer Kleidung produziert, die der Markt nicht auffangen kann. Mindestens 230 Millionen Textilien wandern allein in Deutschland von der Fabrik quasi direkt in den Schredder, die Müllverbrennungsanlage oder ins Ausland. Kleidung, in der nicht nur wertvolle und vor allem knappe Ressourcen sowie harte menschliche Arbeit stecken, entwickelt sich damit zu Wegwerfware.

Gerade in der Fast-Fashion-Industrie hat die übermäßige Herstellung von günstiger und qualitativ niedriger Kleidung dabei auch katastrophale Auswirkungen auf Mensch und Umwelt: Die Modebranche ist nicht nur für rund 10 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, sondern fördert auch unmenschliche Arbeitsbedingungen in Entwicklungsländern, gesundheitliche Risiken für Arbeitskräfte und die Zerstörung von Ökosystemen und Lebensräumen bedrohter Arten.

 

Wie kann man dem Ganzen entgegenwirken?

Eins steht fest: Solange Fast Fashion weiter uneingeschränkt konsumiert wird, ist keine Besserung in Sicht – eher das Gegenteil. Was wir brauchen, ist also ein Umdenken in der Gesellschaft. Durch Aufklärungsarbeit und Aufzeigen von Alternativen können wir gemeinsam mehr Menschen dazu animieren, Fast Fashion aktiv den Rücken zu kehren und eben solche Unternehmen nicht länger durch Käufe zu unterstützen.

Gleichzeitig stehen aber auch Unternehmen selbst und vor allem auch die Politik in der Verantwortung, realistische Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges Wirtschaften in der Modebranche zu schaffen. Nachhaltige Mode muss zugänglicher und für jede:n leistbar werden.

 

Allen, die sich für das Thema interessieren, können wir die kompakten Dokumentationen aus der ZDF-Mediathek empfehlen: https://www.zdf.de/suche?q=fast+fashion&synth=true&sender=Gesamtes+Angebot&from=&to=&attrs=&abName=ab-2022-01-24&abGroup=gruppe-b

 

Quellen: 

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/onlinehandel-schon-ein-geoeffnetes-siegel-kann-zur-vernichtung-der-retoure-fuehren/25099560.html

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/onlinehandel-schon-ein-geoeffnetes-siegel-kann-zur-vernichtung-der-retoure-fuehren/25099560.html

https://www.n-tv.de/wirtschaft/Immer-mehr-Kleidung-bleibt-unverkauft-article21385787.html

https://rp-online.de/panorama/ausland/gebrauchte-kleidung-landet-tonnenweise-in-der-atacama-wueste-in-chile_aid-64700785

https://www.welt.de/wirtschaft/article203216646/Bekleidung-Hunderte-Millionen-Textilien-fabrikneu-vernichtet.html

https://www.quarks.de/podcast/quarks-daily-spezial-fast-fashion-wie-wird-deine-kleidung-nachhaltig/


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